Electromagnetic Waves
Messen der Lichtgeschwindigkeit
Wie hat man denn die Lichtgeschwindigkeit gemessen?
Das ist eine sehr gute Frage. Anfangs des 17. Jahrhunderts glaubten viele Gelehrte, dass es keine "Lichtgeschwindigkeit" gäbe; sie nahmen an, dass sich Licht über beliebige Entfernung ohne Zeitverlust ausbreitet. Galileo hatte daran Zweifel, und er dachte sich ein Experiment aus, um die Lichtgeschwindigkeit zu messen: er und sein Assistent nahmen jeder eine abdunkelbare Laterne und stellten sich im Abstand von ein paar Kilometern auf zwei Hügel. Galileo lieà seine Laterne kurz aufblitzen, und sein Assistent sollte das Gleiche mit seiner eigenen Laterne machen, sobald er Galileos Lichtblitz sah. Galileo wollte dann messen, wie lange es dauerte, bis er das Licht vom anderen Hügel sah.
Und dann hätte er einfach die Entfernung durch die Zeit geteilt, um die Geschwindigkeit zu erhalten. Und, hat's geklappt? Leider nein. Das Problem ist, dass die Lichtgeschwindigkeit einfach viel zu groà ist, um auf diese Weise gemessen zu werden; Licht braucht eine so kurze Zeit (etwa 0,000003 Sekunden), um einen Kilometer zurückzulegen, dass es mit den Galileo zur Verfügung stehenden Mitteln unmöglich ist, die Zeitverzögerung zu messen.
Also bräuchte man eine riesig groÃe Entfernung, über die man das Licht sich ausbreiten lässt, am besten Millionen von Kilometern. Wie soll man bloà so ein Experiment aufbauen?
Nun...um 1670 führte der dänische Astronom Ole Roemer extrem sorgfältige Beobachtungen des Jupitermondes Io durch. Der schwarze Punkt im Bild hier nebenan ist der Schatten von Io. Io schafft alle 1,76 Tage einen Umlauf um Jupiter; die Zeit für eine Umrundung ist immer die Gleiche, sodass Roemer erwartete, dass er die Bewegung recht genau vorhersagen könnte. Zu seiner Ãberraschung fand er, dass der Mond nicht immer genau dann hinter dem Jupiter hervorkam, wenn er es erwartete. Zu bestimmten Zeiten im Jahr schien er ein bisschen zu spät zu sein; zu anderen Zeiten wiederum etwas zu früh.
Jupiter, sein Mond Io und dessen Schatten (Aufnahme des Hubble-Weltraumteleskops)
Das ist merkwürdig. Warum sollte Io sich mal schneller, mal langsamer um Jupiter herumbewegen?
Genau das fragte sich Roemer auch, und niemand fand eine einleuchtende Antwort. Roemer bemerkte aber sehr wohl, dass Io seiner vorhergesagten Bahn vorauseilte, wenn die Erde näher am Jupiter war, und zurückblieb, wenn sie weiter weg war...
Das muss einfach was mit der Lichtgeschwindigkeit zu tun haben, aber ich sehe noch nicht ganz, wie.
Nun, denken wir mal einen Moment nach: Wenn sich Licht nicht unendlich schnell ausbreitet, dann braucht es eine gewisse Zeit, um vom Jupiter zur Erde zu kommen. Sagen wir mal, das dauere eine Stunde. Wenn man also Jupiter durch ein Teleskop betrachtet, dann sieht man tatsächlich das Licht, welches von dort eine Stunde früher ausgesandt wurde — man sieht also, wie Jupiter und seine Monde vor einer Stunde ausgesehen haben.
Moment — ich glaube, ich verstehe, wohin das führen soll. Wenn Jupiter noch weiter weg wäre, würde das Licht noch länger brauchen, um von dort zu uns zu kommen, sodass Roemer Io dort sah, wo dieser zu einer noch früheren Zeit gewesen war — vielleicht eine Stunde und fünfzehn Minuten vorher statt nur einer Stunde. Und das Gegenteil wäre der Fall, wenn Jupiter und Erde einander besonders nahe wären. Also hat Io seine Bahn überhaupt nicht verändert; das sah bloà so aus, je nachdem, wie lange das Licht für die Strecke zur Erde gebraucht hatte.
Sehr gut! Aus der scheinbaren Veränderung der Zeit des Erscheinens von Io und der jahreszeitlichen Ãnderung des Abstandes zwischen Erde und Jupiter konnte Roemer ausrechnen, dass Licht 22 Minuten für einen Erdbahndurchmesser braucht, also eine endliche Ausbreitungsgeschwindigkeit besitzt. Mit der heutigen Kenntnis des Erdbahndurchmessers ergäbe das etwa 230.000 Kilometer pro Sekunde, nicht ganz richtig, aber schon ganz gut!
In der folgenden Zeit wurden bessere Geräte und Techniken entwickelt, und viele andere Leute konnten die Lichtgeschwindigkeit mit besserer Genauigkeit messen. Mit den heutigen technischen Möglichkeiten können wir eine unglaubliche Genauigkeit erreichen. Zum Beispiel haben Astronauten einen Spiegel auf dem Mond aufgestellt; Wissenschaftler auf der Erde können einen Laserstrahl auf diesen Spiegel schieÃen und die Zeit messen, die der Puls unterwegs ist, bis er wieder auf der Erde eintrifft — etwa zweieinhalb Sekunden insgesamt. (Die Grundidee dieses Experimentes ist eigentlich nicht viel anders als die von Galileo...) Und jeder, der irgendwie, irgendwo, mit irgendeiner Methode die Lichtgeschwindigkeit misst, erhält das gleiche Resultat: ein kleines bisschen weniger als 300.000 Kilometer pro Sekunde.
Andere Arten elektromagnetischer Strahlung, wie zum Beispiel Radio- oder Mikrowellen, sollen sich mit der gleichen Geschwindigkeit wie Licht ausbreiten. Hat man deren Geschwindigkeit auch mal gemessen?
Ja; 1888, mehr als 200 Jahre nach Roemers Beobachtungen, erzeugte Heinrich Hertz einige elektromagnetische Wellen in seinem Labor. Er maà ihre Geschwindigkeit und fand einen wohl bekannten Wert, 300.000 Kilometer pro Sekunde — ein starker Hinweis darauf, dass Licht und elektromagnetische Strahlung das Gleiche sind.